Lebenszeichen aus Südafrika
Hallo zusammen! oder Mollweni!, wie es meine Gastfamilie sagen würde.
Nach drei Wochen voller toller Erlebnisse, habe ich endlich mal die Zeit gefunden, mich aus meiner neuen Heimat Bloemfontein zu melden. Dort werde ich zusammen mit meiner Gastfamilie die ersten 3 Monate meines Auslandsjahres verbringen und es wird hoffentlich eine geniale Zeit!
Meine Gastfamilie besteht aus Gastvater Lungile, Gastmutter Nontembeko und meinen zwei Schwestern Buhle (14) und Buluyolo (8), als auch meinen zwei Brüdern Bulumko (16) und Andile (15). Eins kann ich euch versprechen: Mit so vielen Familienmitgliedern ist es hier nie langweilig.
Nachdem ich mich mit gemischten Gefühlen von meiner Famlie verabschiedet und meine 3kg Übergepäck ohne Probleme ins Flugzeug bekommen hatte, brach die Maschine auch schon mit mir und 3 weiteren Austauschschülern nach Johannesburg auf. Die 11 Stunden im Flieger gingen schneller rum als erwartet und so standen wir am nächsten Morgen etwas müde, aber top motiviert in Johannesburg. Dort trennten sich dann unsere Wege und als ich dann alleine für meinen Anschlussflug nach Bloemfontein eincheckte, realisierte ich nun, dass mein Auslandsjahr jetzt wirklich begonnen hatte und ich von nun an auf mich alleine gestellt war. Auf meinem einstündigen Anschlussflug saß ich sogar neben dem Squashnationalteam von Zimbabwe. In Bloemfontein wurde ich dann von meiner Familie herzlich in Empfang genommen. Sie hatten sogar Sandwiches dabei, für den Fall, dass ich hungrig bin. Bis zu unserem Haus war es vom Flughafen nicht mehr weit. Auf der Autofahrt zeigten mir alle Familienmitglieder die Umgebung und das anfängliche Schweigen wurde schon nach den ersten Minuten gebrochen. Noch bevor wir das Haus erreichten, fing ich langsam an zu ahnen, dass ich in eine relativ wohlhabende Familie geraten war. Denn es gibt nur einen Eingang zu unserem Wohngebiet, das sonst von einem doppelten Stromzaun umzäunt ist. An diesem Eingang stehen Wachen, die kontrollieren, wer das Wohngebiet betritt. Auf dem Weg zu unserem Haus kam ich gar nicht mehr aus dem Staunen raus, weil wir an einer Villa nach der Nächsten vorbeigefahren sind. Endlich kamen wir auch zu unserem Haus. Dort wurde ich ausgiebig herumgeführt bis es schließlich zum Abendbrot ,,Braai“ gab. Das ist eine traditionelle Art des Grillens über dem offenen Feuer und ist annähernd mit dem amerikanischen BBQ vergleichbar. Zum Nachtisch gab es ,,Malva Pudding“, was bis jetzt der beste Nachtisch war, den ich je gegessen habe. Nach dem Essen haben wir uns noch eine Weile sehr nett unterhalten, bis jeder ins Bett gegangen ist. Im Bett liegend war ich einfach nur überglücklich, dass ich eine so offene und nette Gastfamilie abbekommen habe und konnte die nächsten Tage kaum erwarten.
Am nächsten Tag haben wir, wie eigentlich die restlichen drei Wochen, lange geschlafen und so die letzten drei Ferienwochen in Südafrika genossen. Zum Frühstück ging ich eigentlich mit der Erwartung, dass es Brot gibt, wie ich es aus Deutschland gewohnt bin. Doch Brot wird hier so gut wie nie gegessen. Stattdessen gibt es hier Gemüse, Hackfleisch, Speck, Eier und Joghurt mit verschiedenen Früchten zum Frühstück. Außerdem wunderte mich, wieso alle so ausgiebig aßen. Doch der Grund dafür wurde mir schnell bewusst, als ich vergeblich auf das Mittagessen wartete. Diese Mahlzeit fehlte mir auch in den nächsten Tagen und ich musste immer wieder zu Snacks greifen. Doch mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Nachdem wir also gefrühstückt hatten, beschlossen meine Gastbrüder und ich, mit deren Freunden zum Fußballplatz zu gehen. Als wir die Mannschaften gewählt haben, wollten alle ,, The German“ haben, weil sie anscheinend von unser durchaus erfolgreichen Nationalmannschaft gehört hatten. Abends sind wir dann in die Kirche gegangen, wo die nächste Überraschung auf mich warten sollte. Zunächst einmal sah die Kirche aus wie ein normales Gebäude, denn sie hatte keinen Turm. Als wir die Kirche betraten, spielten Leute auf der Bühne pepige Musik zu der Alle tanzten. Auch von Bänken war keine Spur. Im ersten Moment dachte ich, meine Familie hätte mich mit auf ein Konzert genommen. Das glaubte ich auch weiterhin bis ich schließlich die religiösen Songtexte hörte. Die Stimmung war einfach so überwältigend, dass ich nicht anders konnte, als mitzutanzen. Doch die Stimmung ist schwer zu beschreiben, deshalb habe ich für euch ein Video rausgesucht, was in der Kirche aufgenommen wurde:
Sobald wir wieder zurück waren, haben wir auch sofort das Confed-Cup-Finale geguckt und natürlich alle Deutschland angefeuert.
Am folgenden Tag habe ich wieder die unendliche Bemühung gemerkt, mich glücklich zu machen. Sie wollten mir als Willkommensgeschenk ein Mountainbike schenken. Die Gastfreundschaft dieses Landes kann man wirklich nur schwer in Worte fassen. Doch nachdem ich ihnen erklärte hatte, dass es schwierig sei, das Mountainbike mitzunehmen, wollten sie mir unbedingt Fußballschuhe kaufen. Daraufhin sind wir also in den Laden gefahren und ich habe ein perfektes Paar gefunden, was in den nächsten Tagen auch sehr oft getragen wurde.
Die restlichen Tage der ersten Woche haben wir,wie schon gesagt, vor allem damit verbracht die neu gekauften Fußballschuhe zu nutzen. Doch Fußball ist nicht der einzige Sport, den wir in der Woche gemacht haben. Mir wurden außerdem die für das Land typischen Sportarten Hockey und der wahrscheinlich populärste Sport Rugby erklärt. Dazu muss ich sagen, dass ich gerade an Rugby großen Gefallen gefunden habe. Abends haben wir oft Mensch ärgere dich nicht gespielt, das ich aus Deutschland mitgebracht hatte und meiner Gastfamilie offensichtlich gefallen haben muss. Denn besonders meine kleine Gastschwester konnte gar nicht aufhören, es zu spielen. Dementsprechend kann ich es auch anderen Austauschschülern nur empfehlen, es mitzunehmen. Des Weiteren haben wir noch sehr viel zusammen gekocht und gerade weil wir so viel zusammen gemacht haben, verging die erste Woche wie im Flug und auch von Heimweh war keine Spur.
An meinem ersten Wochenende, das ich dann auch wirklich ganz mit meiner Gastfamilie verbracht habe, haben wir direkt einen Ausflug gemacht. Dieser führte uns nach Colesburg, die Geburtsstadt meiner Gastmutter. Die zwei stündige Autofahrt war neben dem Fakt, dass wir zu 7. in einem Auto saßen, das für 5 ausgelegt ist, interessant, weil man auf der Fahrt die unendliche Weite als auch Trockenheit Südafrikas sehen konnte. Wir sind tatsächlich 2 Stunden lang nur geradeaus gefahren und weit und breit war nicht viel zu sehen. Damit meine ich Häuser und Bäume. Eine weitere Sache, die mir aufgefallen ist, sind die sogenannten Townships. Dort beobachtete ich eine schreckliche Armut, die es so keineswegs in Deutschland gibt. Als wir spät abends ankamen, haben wir uns auch direkt schlafen gelegt. Am nächsten Morgen haben wir die Stadt erkundet. Während dessen, fiel mir auf, dass es in kleineren Städten, wie eben Colesburg größere Armut und weniger Weiße gibt. Nachdem wir also die kleine, aber niedliche Stadt Colesburg erkundet hatten, stopften wir uns also wieder in das Auto rein und traten die Heimreise an.
In meiner zweiten Woche sind wir zwei Mal ins Kino gegangen. Dazu muss ich vielleicht noch erwähnen, dass wir natürlich auch dorthin gefahren wurden, weil es in Südafrika zu gefährlich ist, den Bus zu nehmen. Meine schlimmste Erwartung, dass ich gar nichts vom Film verstehe, bestätigte sich aber zum Glück nicht. Auch wenn es Momente gab, wo Alle im Kino lachten und ich keinen Schimmer hatte wieso. Doch abgesehen von manchen Szenen muss ich sagen, dass ich erstaunlich viel von den Filmen verstanden habe. Im Laufe der zweiten Woche hatte ich mich endgültig eingelebt. Ich hatte sogar schon die ersten Freundschaften geknüpft. Auch lernte ich allmählich das Südafrikanische Gemüt kennen. Alles geschieht hier etwas langsamer und auch nach der deutschen Pünktlichkeit kann man hier nur vergeblich suchen. Aber all das wird durch die unglaublich fröhliche Stimmung, die oft auch mit Gesang und einem spontanen Tanz begleitet wird, bei weitem wett gemacht.
Am zweiten Wochenende machten wir erneut einen Ausflug. Dieses Mal in die Heimatstadt meines Gastvaters, nämlich Burgersdorp. Auch dahin sind wir in etwa zwei Stunden gefahren und auch die Prozedur mit dem ins Auto quetschen war logischerweise die selbe. Als wir ankamen, hatten die Großeltern meiner Gastgeschwister bereits ein typisch südafrikanisches Gericht namens kgorrol für uns zubereitet. Dieses beinhielt zu meinem Erschrecken, jegliche Organe eines Schaafes, die wir in Deutschland nie essen würden. Doch einfach um nicht unhöflich zu sein und auch aus einer gewissen Neugier aß ich natürlich auch mit und ich muss zugeben, dass es gar nicht so schrecklich war, wie man es sich im ersten Moment vorstellt. Bevor wir aber am nächsten Morgen nach Hause gefahren sind, habe ich die schockierende Seite Südafrikas noch einmal hautnah miterlebt. Wir sind in das Township von Burgersdorp gefahren. Dort sah ich das erste Mal in meinem Leben große Armut mit meinen eigenen Augen. Die Leute leben teilweise in selbstgebauten Hütten aus Wellblech. Das wahrscheinlich Schlimmste ist aber die Aussichtslosigkeit der Kinder, die dort geboren werden. Nachdem ich also auch die andere Seite, eines bislang traumhaft schönen Südafrikas gesehen hatte, fuhren wir schließlich wieder nach Hause.
In dieser Woche, also der mittlerweile 3., mussten wir uns alle wieder auf die Schule vorbereiten. Während das für alle anderen nur bedeutete die Schultasche zu putzen, musste ich noch meine komplette Schuluniform besorgen. Doch nicht nur das. Auch ein neuer Haarschnitt stand für mich an, weil an meiner Schule nur SEHR kurze Haare erlaubt sind. Selbst Gel ist verboten. Aber nachdem ich jetzt alles erledigt ist, fällt es mir schwer bis Montag zu warten, an dem es endlich losgeht und wahrscheinlich eine Menge Überraschungen auf mich warten.
Wie es dann tatsächlich an meiner neuen Schule ist, werde ich euch dann in meinem nächsten Blog erzählen.
Hier unten habe ich für euch noch ein paar Bilder angehängt, sodass ihr einen besseren Einblick in mein Leben bekommt.
In dem Sinne bis zum nächsten Blog
Euer
Paul